Katharina Hagena, Der Geschmack von Apfelkernen
Der Geschmack von Apfelkernen by Katharina Hagena
rating: 4 of 5 stars
Katharina Hagena erzählt von den Frauen einer Familie, mischt die Schicksale dreier Generationen. Ein Roman über das Erinnern und das Vergessen - bewegend, herrlich komisch und klug. Als Bertha stirbt, erbt Iris das Haus. Nach vielen Jahren steht Iris wieder im alten Haus der Großmutter, wo sie als Kind in den Sommerferien mit ihrer Kusine Verkleiden spielte. Sie streift durch die Zimmer und den Garten, eine aus der Zeit gefallene Welt, in der rote Johannisbeeren über Nacht weiß und als konservierte Tränen eingekocht werden, in der ein Baum gleich zwei Mal blüht, Dörfer verschwinden und Frauen aus ihren Fingern Funken schütteln. Doch der Garten ist inzwischen verwildert.
Nachdem Bertha vom Apfelbaum gefallen war, wurde sie erst zerstreut, dann vergesslich, und schließlich erkannte sie nichts mehr wieder, nicht einmal ihre drei Töchter. Iris bleibt eine Woche allein im Haus. Sie weiß nicht, ob sie es überhaupt behalten will. Sie schwimmt in einem schwarzen See, bekommt Besuch, küsst den Bruder einer früheren Freundin und streicht eine Wand an. Während sie von Zimmer zu Zimmer läuft, tastet sie sich durch ihre eigenen Erinnerungen und ihr eigenes Vergessen: Was tat ihr Großvater wirklich, bevor er in den Krieg ging? Welche Männer liebten Berthas Töchter? Wer aß seinen Apfel mitsamt den Kernen? Schließlich gelangt Iris zu jener Nacht, in der ihre Kusine Rosmarie den schrecklichen Unfall hatte: Was machte Rosmarie auf dem Dach des Wintergartens? Und was wollte sie Iris noch sagen? Iris ahnt, dass es verschiedene Spielarten des Vergessens gibt. Und das Erinnern ist nur eine davon. [Klappentext:]
Diese "Kurz"beschreibung trifft den Stil des Romans von Katharina Hagena bereits sehr gut. Ich musste beim Lesen oft an meine eigene Kindheit im Haus der Großeltern denken und auch wenn wir längst nicht solch dramatischen Erlebnisse hatten, hilft so eine eigene Erinnerung doch sehr, sich in die Atmosphäre des Buchs hineinzuversetzen.
Wunderschön geschrieben, manchmal humorvoll, oft bittersüß-traurig - ich weiß nicht, ob ich der Autorin damit einen Gefallen tue, aber mich hat der Stil an einige von Elke Heidenreichs Geschichten erinnert (ich mag sie ja gern, die Geschichten). Johannisbeeren, die über Nacht ein Trauerkleid bekommen und als "Konservierte Tränen" ins Einmachglas kommen und Sätze wie der folgende haben allein schon ihr eigenes Bewertungssternchen verdient:
“Ich liebte es, zu lesen und dabei zu essen. Ein Brot nach dem anderen, einen Keks nach dem anderen, süß und salzig im stetigen Wechsel. Es war wunderschön: Liebesgeschichten mit Gouda-Käse, Abenteuerromane mit Nuss-Schokolade, Familientragödien mit Müsli, Märchen mit weichen Karamellbonbons, Rittersagen mit Prinzenrolle.”
Volle Sternzahl gibt es von mir nicht wegen der "Max-Episode" und einigen Stellen, an denen die Geschichte fast ins Konventionelle und Sentimentale abzurutschen droht. Das wird zwar rasch wieder abgefangen, aber der Hauch der Banalität bleibt.
Nichtsdestotrotz ein absolut empfehlenswertes Buch, dass sich flott und unkompliziert liest.
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rating: 4 of 5 stars
Katharina Hagena erzählt von den Frauen einer Familie, mischt die Schicksale dreier Generationen. Ein Roman über das Erinnern und das Vergessen - bewegend, herrlich komisch und klug. Als Bertha stirbt, erbt Iris das Haus. Nach vielen Jahren steht Iris wieder im alten Haus der Großmutter, wo sie als Kind in den Sommerferien mit ihrer Kusine Verkleiden spielte. Sie streift durch die Zimmer und den Garten, eine aus der Zeit gefallene Welt, in der rote Johannisbeeren über Nacht weiß und als konservierte Tränen eingekocht werden, in der ein Baum gleich zwei Mal blüht, Dörfer verschwinden und Frauen aus ihren Fingern Funken schütteln. Doch der Garten ist inzwischen verwildert.
Nachdem Bertha vom Apfelbaum gefallen war, wurde sie erst zerstreut, dann vergesslich, und schließlich erkannte sie nichts mehr wieder, nicht einmal ihre drei Töchter. Iris bleibt eine Woche allein im Haus. Sie weiß nicht, ob sie es überhaupt behalten will. Sie schwimmt in einem schwarzen See, bekommt Besuch, küsst den Bruder einer früheren Freundin und streicht eine Wand an. Während sie von Zimmer zu Zimmer läuft, tastet sie sich durch ihre eigenen Erinnerungen und ihr eigenes Vergessen: Was tat ihr Großvater wirklich, bevor er in den Krieg ging? Welche Männer liebten Berthas Töchter? Wer aß seinen Apfel mitsamt den Kernen? Schließlich gelangt Iris zu jener Nacht, in der ihre Kusine Rosmarie den schrecklichen Unfall hatte: Was machte Rosmarie auf dem Dach des Wintergartens? Und was wollte sie Iris noch sagen? Iris ahnt, dass es verschiedene Spielarten des Vergessens gibt. Und das Erinnern ist nur eine davon. [Klappentext:]
Diese "Kurz"beschreibung trifft den Stil des Romans von Katharina Hagena bereits sehr gut. Ich musste beim Lesen oft an meine eigene Kindheit im Haus der Großeltern denken und auch wenn wir längst nicht solch dramatischen Erlebnisse hatten, hilft so eine eigene Erinnerung doch sehr, sich in die Atmosphäre des Buchs hineinzuversetzen.
Wunderschön geschrieben, manchmal humorvoll, oft bittersüß-traurig - ich weiß nicht, ob ich der Autorin damit einen Gefallen tue, aber mich hat der Stil an einige von Elke Heidenreichs Geschichten erinnert (ich mag sie ja gern, die Geschichten). Johannisbeeren, die über Nacht ein Trauerkleid bekommen und als "Konservierte Tränen" ins Einmachglas kommen und Sätze wie der folgende haben allein schon ihr eigenes Bewertungssternchen verdient:
“Ich liebte es, zu lesen und dabei zu essen. Ein Brot nach dem anderen, einen Keks nach dem anderen, süß und salzig im stetigen Wechsel. Es war wunderschön: Liebesgeschichten mit Gouda-Käse, Abenteuerromane mit Nuss-Schokolade, Familientragödien mit Müsli, Märchen mit weichen Karamellbonbons, Rittersagen mit Prinzenrolle.”
Volle Sternzahl gibt es von mir nicht wegen der "Max-Episode" und einigen Stellen, an denen die Geschichte fast ins Konventionelle und Sentimentale abzurutschen droht. Das wird zwar rasch wieder abgefangen, aber der Hauch der Banalität bleibt.
Nichtsdestotrotz ein absolut empfehlenswertes Buch, dass sich flott und unkompliziert liest.
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Frau_Lichterloh - 12. Jan, 15:30
in: Die Bibliothek
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